WÄHREND MEINE FAMILIE SCHLÄFT

Izzie reckte den Kopf langsam in den Flur, auf der Suche nach ihrem Freund. Tye war 20 Minuten nachdem sie vorgetäuscht hatte, eingeschlafen zu sein, aus dem Bett verschwunden. Izzie nahm an, dass er ins Bad gegangen war, oder sich etwas zu trinken holen wollte, doch als er nicht zurückkam wurde Izzie neugierig.

Izzie war nun 24 und sie hatte bisher noch zwei andere ihrer Freunde auf den jährlichen Familienurlaub mitgenommen, und Tye war der erste, den ihre Familie zu mögen schien. Aus unerklärlichen Gründen war die Akzeptanz ihrer Familie und die Unmengen an Alkohol, die sie an diesem Abend getrunken hatte, machten Izzie misstrauisch. Die peinlichen Geschichten aus ihrer Kindheit, die ihre Mom ausplaudern könnte, war möglicherweise ein Grund dafür. Sie kannte ihre Familie nur zu gut, sie hielt alles für möglich.

Die holzvertäfelten Wände im Flur leuchteten sanft, im ersten Stock lief der Fernseher. Da das Ferienhaus offene Decken hatte, drang das Licht des Fernsehers bis zum Balkon und zum langen Flur im zweiten Stock vor. Als sie sich vergewissert hatte, dass niemand da war, ging Izzie einen Schritt auf das große Schlafzimmer am Ende des Korridors zu. Sie entdeckte, dass das Badezimmer frei war und sah dann zu jeder der drei verbleibenden Türen. Sie waren alle dunkel und verschlossen.

In Richtung Treppe gehend, verließ sie den Flur und betrat den Balkon. Sie warf einen schnellen Blick ins untere Wohnzimmer und erstarrte bei dem Anblick, den sie vor sich hatte. Tye stand vom Fernseher angeleuchtet davor. Während er zwischen Fernseher und Couch stand, starrte er mit weit geöffnetem Mund auf die Couch.

Tye’s olivfarbene;dunkle Haut glänzte im flackernden Licht des Fernsehers. Sein dichtes, dunkles Haar fiel in sein Gesicht und warf Schatten darauf. Er trug ein weites T-Shirt über seinem muskulösen Oberkörper und eine leichte Boxershort verbarg seinen mächtigen Schwanz, daher konnte Izzie leicht erkennen, dass er geil war.

Unsicher darüber, was ihr Freund da gerade tat, ging sie wieder in den Flur zurück, um noch einmal nachzusehen. Tye starrte offensichtlich noch immer wie gebannt auf die Couch. Um besser sehen zu können, was er da anstarrte, kniete sie sich hin. Es lag jemand auf der Couch und als Izzie nach genauerem Hinsehen, konnte sie erkennen, dass ihr Bruder Ian auf der Couch lag. Sie musterte ihn mehrmals, weil sie sich einfach nicht vorstellen konnte, warum ihr Freund ihren Bruder so anstarrte.

Izzie überlegte lange, ob Ian möglicherweise etwas gesagt haben könnte, was Tye verletzt oder aufgebracht haben könnte. Ian war sehr nett zu Tye gewesen. Tatsächlich hatten sie in den zwei Tagen, die sie an der Hütte am See verbracht haben, hatten die beiden einen erstaunlich guten Draht zueinander gefunden. Schon von Kindesbeinen an hatte Ian eine negative Sicht auf die Welt gehabt, doch in Tyes Gegenwart schien er fast optimistisch zu sein. Das interessante an der Sache war, dass Tye ganz genauso glücklich wirkte.

 

Izzie kniete in ihrem Versteck im Schatten. Sie machte es sich bequem, weil sie spürte, dass gleich etwas passieren würde, obwohl sie nicht wusste, was es war. Ihr Herz raste vor Aufregung.

Tye sah zu Ian herunter, der mit den Händen unter seinem Kopf dalag und schlief. Das Licht des Fernsehers fiel auf sein sanftes, sonnengebräuntes Gesicht und seine kleine spitze Nase warf einen Schatten auf seine Wange. Ian trug kein Hemd und sein schlanker, geschmeidiger Körper sah aus wie der einer Statue.

Ian trug eine leichte Boxershort, die seine starken Oberschenkel umspielte, in seiner Boxershort zeichnete sich eine Beule ab, die Tye nicht ignorieren konnte. Ian hatte offensichtlich eine Erektion. Tye war noch nie zuvor so sehr von der Erektion eines anderen Mannes gefesselt gewesen, doch irgend etwas an dem Zwillingsbruder seiner Freundin forderte ihn regelrecht heraus.

Tye starrte Ian weiter an, während er versuchte, seine Gefühle zu ergründen. Er betrachtete jedes von Ians Körperteilen einzeln. Beneidete er Ian um sein weiches, blondes Haar? Vielleicht. War er von ihm so fasziniert, weil seine Lippen so rosig und zart waren, wie die eines Mädchens? Möglicherweise. Kümmerte er sich vielleicht so sehr um seinen Körper, wie Tye es tat? Auch das war möglich. Oder war es die dicke Beule in seiner Unterhose?

„Wieso ist er hier unten?“, fragte Tye sich. „Er ist doch wie alle anderen ins Bett gegangen. Er hat in seinem Zimmer einen eigenen Fernseher und trotzdem liegt er nur in Boxershorts hier im Wohnzimmer und sah aus wie…“, Tye schluckte, als er gegen den Gedanken ankämpfte, der sich einen Weg in sein Bewußtsein bahnte.

„Ich muss noch betrunken sein.“, dachte er . „Ian war auch betrunken gewesen. Er hat unterm Tisch immer wieder mein Bein berührt. Ich dachte die ganze Zeit, das war bloß, weil er getrunken hat, aber was ist, wenn er es nicht war. Was wenn…“, seine Gedanken überwältigten ihn ein weiteres Mal.

Nachdem  er wie angewurzelt dagestanden hatte, hob Tye seinen Arm. Seine Hand zitterte. Er wusste bereits, was er gleich tun würde, und bei dem Gedanken daran, schluckte er erneut. Tye hielt bei dem elektrisierenden Gefühl inne, das ihm durch den ganzen Körper schoss. Als er sich wieder gefangen hatte, bewunderte er noch einmal Ians dunkelblondes Haar.

„Wenn ich ihn doch bloß berühren könnte… Wenn ich bloß einen Teil von ihm mit meinen Fingerspitzen berühren könnte. Ich würde nichts weiter machen. Ich fahre nur mit meinen Fingern durch sein Haar. Er war so betrunken, dass er jetzt im Tiefschlaf sein müsste. Er wird es nie erfahren. Niemand wird es je erfahren und ich werde wissen, wie es ist, ihn zu berühren. Ich werde wissen, wie es sich anfühlt, diesem Drang, den ich verspüre, nachzugeben.

Tye griff nach Ians weichen, blonden Locken. Er konnte fühlen wie seine Hand zitterte, während sie sich langsam Ians Kopf näherte. Als er ihn berührte, hielt er inne.

Tye ließ nur seine Fingerspitzen auf Ians Haar ruhen. Falls Ian in diesem Moment seine Augen öffnen würde, könnte Tye einfach sagen, er hätte nur etwas aus seinem Haar entfernt. Diese Ausrede brauchte er nicht, denn Ian rührte sich nicht. In diesem Moment fuhr Tye klopfenden Herzens seine Finger durch Ians weiches Haar.

Izzie, die ihn noch immer beobachtete, traute ihren Augen nicht. Sie hatte Tye noch nie so intim mit einem anderen Mann umgehen sehen, er streichelte sanft das Haar ihres Zwillingsbruders. So klein diese Geste auch war, Izzie fühlte sich betrogen, und gleichzeitig raste ihr Herz vor Aufregung. Obwohl sie entfernt im sicheren Versteck saß, hatte Izzie das Gefühl, sie hätte einen Zugang zu Tyes sonst so verschlossenen Seele gefunden. Obwohl sie sich lieber nicht bewegen wollte, um nachzusehen, wusste sie, dass ihre Möse bereits heftig geschwollen war.

Tye fuhr immer wieder mit den Fingern durch Ians Haar. Eigentlich hatte er gedacht, dass er es bei einem Mal belassen würde, und dass er nach diesem kurzen Anflug von Ian ablassen können würde, doch anstatt dass diese kleine Berührung ihm Erleichterung verschaffte, wollte er nur noch mehr. Er war betrunken, und sein benebelter Geist trieb ihn an weiterzumachen. Er wollte nicht aufhören, da er befürchtete, dass er nie wieder so einen Intimen Moment mit Ian erleben würde.