INSELZUCKER

 

Kapitel 1

(Joanna)

 

Joanna streckte sich nach vorn und ergriff ihren Fuß, so wie es ihr gesagt wurde. Sie zog ihn in ihrer Hand in Richtung ihres Körpers. Martina, die Kursleiterin, hatte ihren Fuß hinter ihren Kopf platziert. Das würde bei Joanna nicht geschehen. Das würde bei Joanna niemals geschehen. Joanna hatte zwischen ihrem Schenkel und ihrem hartnäckig widerspenstigen Bein einiges mehr an Körpermasse als Martina.

‚Yoga ist kein Sport für Mollige‘, dachte Joanna bei sich.

Während Joanna ihren Fuß hielt und ihn langsam in Richtung ihres Gesichtes zog, nahm sie sich einen Moment Zeit, um einen Blick in die Runde zu werfen. Alle anderen waren dünn, beinahe mangelernährt. Sie bewegten sich mit einer Biegsamkeit, die Joanna sowohl beneidete also auch hasste. Es war klar, dass niemand hier einen angemessenen Respekt für einen doppelt glasierten, außergewöhnlich zubereiteten Cronut. Und das war nicht nur eine Schande, ihrer Meinung nach war das schon kriminell.

„Lasst uns nun für ein paar Sonnengrüße aufstehen“, informierte Martina alle.

Joanna ließ ihren Fuß los und rollte sich dann auf ihr gut gepolstertes Hinterteil. Sie brachte sich in eine stehende Position und erörterte, wie groß der Fehler war, den sie damit begangen hatte, hierher zu kommen. Wenn etwas Schlechtes passierte, redeten die meisten Leute davon, nach Kanada zu ziehen. Joanna war dafür zu klug. Kanada war ausgesprochen kalt. Sie zog stattdessen auf die Bahamas.

Da sie niemanden kannte und auch nichts über das Land wusste, buchte sie einen zweiwöchigen Aufenthalt in einem Yogazentrum auf Paradise Island, nachdem sie ihren Job und Mietvertrag gekündigt hatte. Sie wusste nichts über Yoga oder Paradise Island, doch wie schlimm konnten die beiden sein. Sehr schlimm, wie sich herausstellte.

Es war nicht so, dass die Insel nicht wunderschön war. Es war der schönste Ort, den Joanna jemals gesehen hatte. Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war, wie wenig alle der Befriedigung ihres Bedürfnisses zu naschen Rechnung trugen. An diesem Ort wurde nicht nur kein Fleisch serviert, nein, alles war roh und natürlich. Und da Joanna bisher noch keinen wildwachsenden Cronut gesehen hatte, stellte sie sich vor, dass sie ihren Urlaub damit verbringen würde, nur Salate zu essen.

‚Ich muss von hier wegkommen‘, dachte sie erneut.

Als sich alle vornüber beugten und ihre Handinnenflächen wie Verrückte auf den Boden legten, schaute Joanna sich um, sammelte ihre Matte ein und machte sich auf den Weg zur Tür. Sie war gerade dort angekommen, als ihr Blick an jemandem hängen blieb, den sie von ihrem Standort in der Mitte des Zimmers nicht hatte sehen können. Es war ein Typ, der nicht wie all die anderen Urlaub machenden Yogis aussah. Er war eindeutig ein Einheimischer.

Sie wurde langsamer und während sie ihren Drang zu verschwinden überdachte, sah sie sich ihn genauer an. Er dehnte sich vor ihr oben ohne, und Joanna konnte nicht anders, als über die riffelnden Bewegungen seiner Brustmuskeln und seines Waschbrettbauchs zu sinnieren. Er war wie eine Art Inselgott gebaut. Seine kräftige, dunkle Hautfarbe und sonnengebleichten Haare waren nur ein Teil dessen. Seine blaugrauen Augen und der seelenvolle Gesichtsausdruck waren das, was das Gesamtpaket vervollständigte.

Obwohl sie erst seit einigen Tagen auf der Insel war, war es schon eine lange Zeit her, dass sie die starke Berührung jemand derartig Anbetungswürdiges gespürt hatte. Sie hätte ihn wie einen Lolli abschlecken können. Er war beinahe genug, um sie wieder die Matte ausbreiten und mit dem Kurs weitermachen zu lassen. Beinahe.

Während sie näher auf die Tür zukam, kam sie zu dem Schluss, dass sie anfangs recht hatte. Yoga war kein Sport für Mollige. Sie musste von hier wegkommen.

Sie verließ den kleinen, mit Holz ausgelegten Raum und trat auf den hölzernen Fußweg, der sich seinen Weg durch den Sand bahnte. Als sie das tat, überrollte sie das Geräusch des Meeres. Dieser Ort war nicht viel anderes als ein absoluter Traum. Der Campus war vollständig mit weichem, weißem Sand bedeckt und wurde von wehenden Kokospalmen überdacht. Es war wahrhaftig ein Inselparadies. Und wenn das ganze Yoga nicht wäre, würde es einen unglaublichen Urlaubsort abgeben. 

Joanna setze ihren Weg entlang des hölzernen Fußweges fort, bis sie schließlich die Tür ihres kleinen Zimmers erreichte. Die eine Sache, über die sie glücklich war, war die Wahl eines Einzelzimmers. Sie konnte sich nicht vorstellen, ihre zwei Wochen mit einem dieser übermotivierten Yogaleute zu verbringen. Sie waren schon alle nett und so, aber kommt schon, schaltet mal einen Gang zurück.

Als sie eintrat, hatte sie einen Plan, was der Rest ihres Tages mit sich bringen würde. Sie schlüpfte aus ihren lockeren Yogahosen und Oberteil, griff sich ihren viel zu kleinen Bikini und zog ihn an. Sicher, einige würden sagen, dass ein Mädchen ihrer Größe nichts derartig Freizügiges tragen sollte. Scheiß auf die. Sie war im Urlaub, an einem Ort namens Paradise Island. Wenn sie hier nicht alles zeigen konnte, wo in aller Welt konnte sie es dann?

Wie sie alles fertig machte und noch einen zweiten und dritten Blick in den Spiegel war, war Joanna bereit. Sie schlang ihren Sarong um ihre Mitte, schnappte sich ein Handtuch und ein Buch und machte sich auf den Weg. Sie hatte eigentlich gar nicht vor, das Buch zu lesen. Es war vielmehr eine Verzierung.

Tatsächlich war ihr Plan sich in die Sonne zu legen und einen Sprung in das kristallklare Wasser zu wagen. Doch für den Fall, dass irgendwelche heißen Typen vorbeiliefen, wollte sie den richtigen Eindruck machen. Die Wahl ihrer feingeistigen Literatur? ‚Stellas Groove – Männer sind die halbe Miete‘. Joanna dachte, dass das den passenden Eindruck vermittelte.

Brauchte Joanna ihre Lebensfreude zurück? Die eigentliche Frage war, hatte Joanna ihre Lebensfreude überhaupt gefunden? Hatte irgendjemand mit 23 Jahren seine Lebensfreude gefunden? Joanna war sich nicht sicher. Doch Joanna wusste, was sie mochte, und sie hatte nichts dagegen, noch etwas mehr davon zu bekommen.

Sie stieg den Hügel hinauf, der den Campus vor der ständigen Seebrise schützte, und verließ das Blätterdach der Bäume und lief auf den Strand hinaus. Obwohl es Winter war, lag die Außentemperatur bei 27° und es war perfekt sonnig. Dies war wahrhaftig ein magischer Ort, der von den Göttern gesegnet war. Mit einem Fleckchen nur wenige Fuß von dem plätschernden Ufer entfernt schlug sie ihr Handtuch auf, legte ihr Buch an die Seite und streckte sich daneben aus.

Sie gestattete der Wärme sie zu verführen und dachte daran, was sie eigentlich tun sollte. Das sollte gar kein Urlaub sein, ganz gleich, wie sehr sie einen benötigte. Sie hätte eigentlich nach einer Arbeit und einer Wohnung suchen sollen. Sie hatte nur ein paar hundert Dollar und das musste für einige Wochen reichen. Nachdem sie die Miete des jetzigen und letzten Monats gezahlt hatte, würde ihr kaum noch etwas für Lebensmittel bleiben.

Aber all das war etwas, mit dem sich die zukünftige Joanna herumschlagen würde müssen. Hier war die gegenwärtige Joanna und die gegenwärtige Joanna brauchte ihre Zeit in der Sonne. Nach fünf Minuten drehte sie sich um. Nach weiteren 10 Minuten stand sie auf, zog ihren Sarong aus und machte sich auf den Weg ins Wasser.

So still und beschaulich der Strand sonst auch war, so war er das heute nicht ganz. Natürlich war es nichts, über das Joanna sich Sorgen machen müsste. Es war immer noch ziemlich angenehm. Aber sie würde aufpassen müssen, dass sie nichts von hinten überraschte. Mit auf- und abwärts Bewegungen könnte sie im Rhythmus mit den Wellen bleiben. Sofern sie den Stellen fernblieb, an denen die Wellen gipfelten, bestand kein Risiko, sich zu blamieren.

Sie watete in das hüfthohe Wasser und schaute zu ihren Füßen hinunter. Beide waren sichtbar. Das Wasser war sogar so klar, dass sie kleine Fische an ihren Beinen entlangschwimmen sehen konnte. Sie fragte sich, ob sie deswegen nervös sein sollte, entschied sich dann aber, dass sie es mit ihnen in einem Kampf aufnehmen könnte, wenn sie es musste. Sie war um einiges stärker als viele Leute annehmen würden. Und auf jeden Fall würde ein Fisch von der Größe eines Handtellers den Tag verfluchen, an dem er sich mit ihr angelegt hatte.

Als sich Joanna über all die Fische Gedanken machte, mit denen sie es aufnehmen könnte, wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Yogazentrum gelenkt, als der Gong das Ende des Kurses verkündete. Das war ihre Gelegenheit herauszufinden, ob der prächtige Kerl im Yogazentrum lebte oder vom Festland war. Mit Gepäck war der einzige Weg in das Yogazentrum per Boot. Aber wenn man fußläufig dahin kommen wollte, musste man über den Strand gehen. Dieser Weg war nur einige Schritte von dem Platz entfernt, an dem Joanna ihr Handtuch hingelegt hatte.

Ihre Augen auf den Weg gerichtet wippte Joanna im Wasser. Sie nahm die immer höher werdenden Wellen um ihren Körper nicht wahr, als sie ihn plötzlich entdeckte. Noch immer oben ohne lief er auf den Strand und war gerade dabei, sich nach rechts zum Zentrum des Ferienorts zu drehen.

Joanna fragte sich, ob sie versuchen sollte, seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Es war nicht nur so, dass er umwerfend war, obwohl er definitiv unglaublich heiß war. Er konnte auch ein guter Kontakt für sie sein. Wen Besseres könnte sie nach den örtlichen Immobilien und dem Arbeitsmarkt fragen als jemanden von der Insel?

Sie nahm ihren Mut zusammen und hob ihre Hand und winkte. Er lief schnell an ihr vorbei und sah es nicht.

‚Sollte ich versuchen ihn zu rufen?‘, fragte sie sich. ‚Warum zum Teufel nicht?‘

„Verzeihung!“, winkte Joanna und hoffte, dass sie nicht zu laut gerufen hatte.

Es funktionierte. Der hinreißende Mann hielt an und sah zu ihr. Selbst aus dieser Entfernung war Joanna von seinem Blick gefangen. Das musste der schönste Mann sein, den sie jemals gesehen hatte. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie machte einen Schritt nach vorn aus dem Wasser, genau dann, als wie aus dem Nichts eine Welle über ihrem Kopf zusammenbrach und sie von den Füßen holte.

Für einen Augenblick hatte sie erfolgreich mit einem traumhaften Kerl geflirtet, im nächsten atmete sie Wasser ein und wirbelte herum, nicht wissend, wo es nach oben ging. ‚So muss es sich anfühlen, in einer Waschmaschine zu sein‘, stellte sie fest. Nicht sicher, ob sie jemals wieder die Oberfläche wiederfinden würde, berührte eine ihrer Hände den Sand. Wenige Momente später wurde sie am Strand sechs Fuß nach oben abgeladen, ganz in der Nähe des Platzes, an dem einst ihr Handtuch lag.

Joanna hustete Wasser aus und öffnete ihre Augen.

„Bist du in Ordnung?“, fragte der Mann und kniete sich über sie.

Noch immer hustend brauchte sie einen Moment, ihre Haltung wiederzuerlangen. Als sie es tat, erkannte sie, wer da war. Es war der hinreißende Mann. Er hatte gerade dabei zugesehen, wie sie kopfüber in eine Welle getaucht wurde und wie ein Wal auf dem Strand angeschwemmt wurde. Das hätte die peinlichste Sache sein können, die Joanna jemals passiert war. Hätte es sein können, war es aber nicht.

„Miss, sind Sie in Ordnung?“, fragte der Mann erneut.

Joanna kam wieder zu Atem und sah in sein Gesicht hinauf. Seine Augen waren wirklich hypnotisierend. Sie lag da und starrte ihn an und fragte sich, ob er mit ihr wohl Mund-zu-Mund Beatmung machen würde. Als er sich nicht in Richtung ihrer Lippen bewegte, entschloss sie sich stattdessen, seine Frage zu beantworten.

‚War sie in Ordnung?‘, fragte sie sich.

Ihre Füße und dann ihre Beine prüfend fühlte sie sich gut. Sie machte weiter und hatte das Gefühl, dass ihr Bauch aufgekratzt war, doch es war nicht genug, um die Haut zu öffnen. Ihr fiel auf, dass sie weder einen Finger noch ein Hand verloren hatte, und war gerade dabei, sich als zum Dienst geeignet zu erklären, als ihr auffiel, dass etwas fehlte. Wo zur Hölle war ihr Bikinioberteil hin, denn es bedeckte verdammt noch mal nicht ihre Brüste?

Mit einem Keuchen schnellten Joannas Hände auf ihre Brüste. Beschämung machte sich auf ihrem Gesicht breit. Sie quiekte vor Schrecken, während sie in die Augen des Traummannes sah. Als der Mann errötete, wurde ihr klar, dass er wahrscheinlich bereits den einen oder anderen Blick darauf geworfen hatte.

„Oh mein Gott, wo ist mein Oberteil?“, kreischte Joanna.

Offensichtlich war jedwede Sorge, die der tolle Mann gehabt hatte, weg, denn anstelle der Sorge, musste er sich das Lachen verkneifen.

„Das ist nicht witzig“, verlangte Joanna.

„Du hast Recht. Das ist nicht witzig“, sagte er, bevor er sich der Situationskomik hingab.

Sie konnte sehen, dass er nicht gemein sein wollte, trotzdem war es beschämend für sie. Er sollte nicht lachen.

„Du lachst immer noch“, wies sie ihn darauf hin.

„Du hast Recht. Ich werde aufhören. Ich muss nur das Bild aus meinem Kopf bekommen.“

Während er die Augen schloss und dann wieder kicherte, entschied sich Joanna, dass es ihr reichte. Mit ihrer Hand noch immer eng auf ihre Brust gedrückt stand sie auf und schaute sich nach all ihren verschwundenen Sachen um. Sie erkannte ihr Bikinioberteil dreißig Fuß weiter unten am Strand, wie es in den Wellen tänzelte, und ihr Handtuch und Buch dreißig Fuß in die andere Richtung. Das war das Peinlichste, was ihr jemals widerfahren war. Kein Zweifel.

Während sie noch dabei war, sich zu entscheiden, was sie zuerst holen sollte, ergriff der hinreißende Mann das Wort.

„Lass mich das für dich holen“, sagte er in einem Versuch der Wiedergutmachung.

Noch immer zu beschämt, um sich zu bewegen, stand Joanna da und sah dem gestählten Körper des Mannes bei der Jagd nach ihrem viel zu kleinen Bikinioberteil entlang der Küste hinterher. Es war so typisch Mann, zuerst das holen zu gehen. Das Handtuch hätte sie vollständig einhüllen können. Das Bikinioberteil würde weniger tun als das, was ihre Hände bereits taten.

„Ich hab es“, sagte er und hob das Stück Stoff im Zeichen seines Sieges über seinen Kopf.

Er joggte zurück, gab es ihr und jagte dann ritterlich ihrem Handtuch und Buch in die andere Richtung hinterher. Er kämpfte mit den Wellen um beides und holte sie sich und ihren Sarong und brachte sie anschließend zu ihr zurück.

„Da sind sie“, sagte der Mann gut gelaunt. „Ich weiß nicht, wie viel dir diese Dinge jetzt noch bringen werden.“

Joanna schnappte sich alles von dem Mann und hielt es wie einen nassen Ball vor ihrem Körper. Sie öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen und bemerkte wieder das breite Grinsen im Gesicht des Mannes. Sie hätte ihm wohl danken sollen. Sie öffnete sogar ihren Mund, um das zu tun. Doch als nichts herauskam, schob sie es auf sein eindeutig zu wissendes Grinsen.

Ohne ein weiteres Wort drehte sich Joanna von ihm weg und stapfte in Richtung ihres Zimmers.

„Sieh mal, es tut mir leid“, beharrte er. „Ich hätte nicht lachen sollen.“

„Nein, hättest du nicht“, sagte sie, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte.

„Du hast Recht. Lass es mich wieder gutmachen.“

Joanna verlangsamte ihren Schritt. Sie schnellte herum, war ihm zugewandt und wägte ihre Beschämung gegen alles andere ab, das sie wollte. Da sie sich nicht sicher war, ob sie sein Angebot nach allem, was er gesehen und getan hatte, annehmen konnte, redete sie zögerlich.

„Und wie willst du das tun?“

„Hattest du schon die Gelegenheit, die Insel zu besichtigen?“, bot er verlockend an.

„Noch nicht“, gab sie plötzlich zu und hielt ihren Atem an.

„Dann lass es mich gutmachen, indem ich dich überall herumführe“, sagte er mit einem koboldhaften Lächeln.

Joanna starrte ihn zögerlich an. Das war, was sie gewollt hatte. In jeder anderen Situation hätte es das wieder gutgemacht, aber er war heiß und Zeuge des peinlichsten Moments, der ihr je widerfahren war, geworden. Wie konnte sie darüber hinwegkommen? Als er seine Hand ausstreckte, ihren Unterarm berührt und „bitte“ sagte, begann sie zu versehen wie.

„Wirst du mir das Festland zeigen?“

„Wenn es das ist, was du willst, sicher.“

Joanna wollte deswegen nicht zu aufgeregt erscheinen. Immerhin musste sie ihm immer noch zeigen, dass er einen Fehler gemacht hatte, als er über sie gelacht hatte. Sie wollte ihm zeigen, dass es mehr als nur eine Tour um die Insel brauchte, damit sie das vergaß. Doch mit seiner Hand, die noch immer auf ihrem Arm lag, gestand sie sich selbst ein, dass es nicht allzu viel mehr bracht.

„Gut. Ich lass es dich wieder gutmachen.“

„Perfekt.“

„Aber ich will nicht, dass du mich nur herumführst, weil ich dir leid tue oder so“, sagte Joanna und fühlte sich plötzlich verlegen wegen ihrer Abmachung.

„Nein, keine Sorge. Du hast mir nur einen Vorwand gegeben. Du warst in der letzten Yogaklasse, nicht wahr? Du warst die, die gegangen war?“

Joanna fühlte, wie ihre Wangen erhitzten. „Ja, das war ich. Ich glaube nicht, dass ich ein wirklicher Yogi bin“, gab sie zu.

„Ich dachte mir, dass du das bist. Sobald ich dich gesehen habe, habe ich versucht, einen Vorwand zu finden, um dir anzubieten dich herumzuführen. Du hast es mir nur einfach gemacht“, sagte er mit einem weiteren Lächeln.

Joanna konnte sich nichts vormachen. Sie mochte seine Antwort. So unglücklich ihre Beziehung auch begonnen hatte, konnte sie jetzt eine wundervolle neue Wendung spüren. Mit einem Lächeln setzte sie ihren Weg zu dem hölzernen Pfad fort und konnte spüren, wie er ihr folgte. Wollte er ihr bis zu ihrem Zimmer folgen? Das war etwas vermessen von ihm, aber das Gefühl des Nervenkitzels bei diesem Gedanken, ließ Joanna ihn nicht aufhalten.

„Wie heißt du?“, fragte der Mann hinter ihr.

Joanna war wieder etwas peinlich berührt, als ihr klar wurde, dass sie eingewilligt hatte, sich von jemandem auf der Insel herumführen zu lassen, dessen Namen sie nicht einmal kannte.

„Joanna.“

„Freut mich, dich kennenzulernen, Joanna. Ich bin Paulo. Bist du das erste Mal auf den Bahamas?“

Joanna wollte ihren gespielten Widerstand aufrecht erhalten, konnte es aber nicht. Er war zu heiß und viel zu nett.

„Das ist mein erstes Mal.“

„Wie lange wirst du bleiben?“

Das war eine gute Frage. Joanna wollte für den Rest ihres Lebens hier bleiben, aber sie hatte ein Ticket für einen Rückflug in zehn Tagen. Eine Rückfahrkarte zu kaufen war Pflicht gewesen.

„Zwei Wochen, vielleicht länger.“

„Cool. Woher kommst du?“, fragte Paulo.

„North Carolina“, meinte Joanna.

„Das ist so cool“, rief Paulo aus.

„Es ist okay. Ich denke, es könnte mir hier besser gefallen.“

„Es ist schön hier. Du solltest definitiv dableiben.“

Als Joanna ihre Tür erreichte, fragte sie sich, ob sie ihn hereinbitten sollte oder nicht. Wäre es unhöflich, ihn draußen warten zu lassen, während sie sich umzog? Vielleicht. Aber er hatte sie bereits ohne Oberteil gesehen. Was war das Schlimmste, was passieren konnte?

Joanna öffnete die Tür und gestattete ihm, ihr hineinzufolgen. Das Zimmer war nicht groß, aber es gab einen Platz, auf den er sich hinsetzen konnte. Er ging sofort zu dem Plastikstuhl und machte es sich bequem.

„Ich muss mir etwas anderes anziehen, also will ich, dass du wegschaust“, sagte Joanna und versuchte dabei zu verstecken, wie das Ganze anfing, sich anzüglich anzufühlen.

Ohne Widerrede drehte Paulo seinen Kopf weg. „Wie gefällt es dir hier bisher?“

„Meinst du das Yogazentrum?“

„Ja.“

„Es ist okay. Es ist nicht ganz das, was ich erwartet hatte. Ich denke nicht, dass ich der Typ fürs Yoga bin.“

Joanna hängte ihr triefend nasses Handtuch über den Haken im Schrank und schaute zurück zu Paulo, als sie den Bikini von ihrem Körper entfernte.

„Du erscheinst mir der perfekte Typ fürs Yoga zu sein“, erwiderte Paulo. „Beim Yoga geht es darum, offen und aufrichtig zu sein. Die meisten der Leute hier geben nur vor, so zu sein. Du scheinst wie eine echte Person. Du bist mehr Yogi als alle von denen.“

Das gab Joanna ein gutes Gefühl. Sie fühlte sich nach den letzten Tagen sehr befangen dort zu sein. Paulos Worte trafen genau den richtigen Nerv. Sie mochte ihn wirklich gerne und statt einen BH aus der Schublade zu nehmen, ließ sie ihre Bikinihose fallen und stand nackt vor ihm. Wie ein Gentleman hatte er noch immer seinen Kopf weggedreht. Aber sie kam zu dem Schluss, dass es sie nicht stören würde, wenn er einen Blick riskierte.

Als ein Moment vorbeizog und er es nicht tat, nahm sich Joanna ein frisches Handtuch und tupfte sich trocken. Joanna konnte nichts dagegen tun, dass es sie anmachte. Da war ein anbetungswürdiger Mann in ihrem Zimmer und sie hatte nichts an. Sie musste sich aufs Äußerste zusammenreißen, um nicht zu ihm hinüberzulaufen und ihn auf das Bett zu werfen.

Sie war trotz allem in einem Yogazentrum. Es hatte einen Grund, warum sie diesen Ort gewählt hatte. Wenn es tatsächlich Karmaschulden gab, dann hatte sie viel davon abzubezahlen. Wahrscheinlich war es nicht die beste Methode, das zu tun, indem sie dem ersten heißen Typen, den sie gesehen hatte, in die Arme sprang. Joanna zog sich an und wandte sich Paulo zu.

„Du kannst dich umdrehen“, sagte Joanna, während sie ihr Oberteil zurechtzog.

            Paulo drehte sich um und sah sie an. Er lächelte. Joanna war sich nicht sicher, doch es schien, dass er mochte, was er sah.

            „Was für Schuhe soll ich anziehen?“, fragte sie ihn und versuchte sich zwischen ihren Flipflops und Sneakers zu entscheiden.

„Wir werden viel laufen“, informierte er sie.

„Ich bin irgendwie aufgeregt“, gab Joanna zu, als sie in ihre Sneakers schlüpfte. „Wo planst du mich hinzubringen?“

„Ich werde dir die ganze Tour geben“, sagte er mit einem Lächeln.

Joanna errötete vor Freude. So hatte sie sich ihren Tag nicht vorgestellt, als sie heute Morgen aufgewacht war. Sie hatte sie gefragt, ob sie jemals vom Campus herunterkommen würde. Und nun bekam sie von dem heißesten Einheimischen, den sie sich vorstellen konnte, einen Rundgang über die Insel.

Als Joanna ihr Zimmer verließ und in Richtung Strand ging, schaute sie zu der Frau, die ihnen entgegen kam. Es war Martina, ihre Yogalehrerin. Sie hatte einen ungewöhnlichen Gesichtsausdruck, während ihre Augen zwischen Paulo und ihr hin und her schnellten. Joanna konnte sehen, dass sie es nicht guthieß, dass sie mit Paulo zusammen war. Als sie vorbeigegangen war, lehnte sich Joanna hinüber und flüsterte dem bedeutend größeren Mann zu.

„Was war das denn?“, fragte Joanna.

„Das sind nur Hasser hier“, erklärte Paulo etwas betrübt. „Wie ich schon sagte, du bist eindeutig mehr Yogi, als einer dieser Leuten jemals sein wird.“

Joanna wusste nicht, auf welcher Grundlage er das sagte, aber sie wusste, dass es sich gut anfühlte, dies zu hören. Vielleicht war es die Anonymität des Urlaubs, doch Joanna hakte ihren Arm bei Paulo unter und hoffte, dass Martina sich umsah und es sah. Paulo sah auf sie herab und lächelte.

Er führte Joanna auf den Strand und die beiden liefen auf die himmelhohen Hotels zu. Das musste der wohl perfekteste Strand sein, auf dem sie in ihrem ganzen Leben gelaufen war. Der Sand war weich, das Wasser glitzerte im Sonnenlicht und die Gesellschaft war perfekt. Es war beinahe enttäuschend, als Paulo sie auf den makellosen Anlagen des geschäftigen Urlaubsortes führte.

„Das ist wirklich schön“, gab Joanna zu, als sie die umliegende Architektur betrachtete.

„Es ist ein sehr offenes Gefühl“, hatte Paulo zu kämpfen, es in Worte zu fassen. „Bist du jemals Motorrad gefahren?“

„Nein. Werden wir das tun?“

„Es ist eher ein Roller. Ist das für dich in Ordnung?“

Ein Fahrrad war das einzige Zweirad, auf dem sie sich jemals befunden hatte. Sie mochte es nicht gern zugeben, aber sie hatte schon immer etwas Angst vor Motorrädern gehabt. Da sie sich aber schon immer für mutig hielt, begrüßte sie es, sich mit dieser Angst auseinanderzusetzen.

„Ja, das hört sich gut an“, sagte sie in der Hoffnung, dass er ihr Zittern nicht gesehen hatte.

Paulo lächelte.

Er führte Joanna aus dem Ferienzentrum zum angrenzenden Parkplatz und sie konnte einen Blick auf das werfen, mit dem sie fahren würden. Sie sahen wie kleine Todesmaschinen aus und sie parkten in einer Reihe neben einem Typen hinter einem Tisch.

„Wartest du hier für eine Sekunde?“, fragte Paulo Joanna.

„Sicher.“

Paulo ließ sie stehen und näherte sich dem jungen Mann, als würden sie sich kennen. Nachdem er etwas zu ihm gesagt hatte, zeigte Paulo auf Joanna und der junge Kerl schaute. Unsicher, wie sie reagieren sollte, winkte Joanna den beiden zu. Der junge Mann lächelte freundlich zurück und wandte sich dann Paulo zu. Nachdem er wieder etwas zu dem jungen Mann gesagt hatte, schaute Paulo zu Joanna und rief sie herüber.

„Wir haben es für ein paar Stunden. Das sollte reichen, um dir die besten Ecken zu zeigen.“

Als die beiden sich ihrem kleinen Gefährt näherten, fragte sich Joanna, ob sie einen Fehler gemacht hatte. War ihm nicht klar, dass sie keines der Cronut beraubten Yogamädchen war? Wie sollten sie beide auf einem so kleinen Sitz Platz nehmen?

„Es macht dir doch nichts aus, mir nahe zu kommen, oder?“, fragte Paulo mit einem Lächeln.

Etwas an der Frage ließ Joanna kribbelig werden. Nein, es machte ihr absolut nichts aus, ihm nahe zu kommen. Tatsächlich hätte Joanna nichts dagegen, wenn das nur der Anfang wäre.

„Moment, du bist nicht irgend so ein Mörder, oder?“, sagte Joanna, um alles hinauszuzögern.

„Kennst du viele Mörder, die Yoga praktizieren?“, sagte Paulo mit einem Lächeln.

Joanna musste zugeben, dass er Recht hatte. Sie war trotzdem noch etwas besorgt. Sie war bekanntermaßen impulsiv. Verflucht, nachdem sie ihren Job und ihre Wohnung aufgegeben hatte, entschied sie sich aus einer Laune heraus, auf die Bahamas zu fahren. Aber impulsive Entscheidungen wie diese waren genau der Grund, aus dem sie in der Vergangenheit in Schwierigkeiten geraten war.

Dieses Mal schien die Sachlage allerdings etwas anders. Da war etwas an Paulo, das sie zu ihm hinzog. Natürlich konnten es seine breiten Schultern sowie die Tatsache sein, dass er immer noch nicht sein Oberteil angezogen hatte. Aber es fühlte sich nach mehr als das an. Sie fühlte sich wohl bei ihm.

„Das kann man nicht wissen. Mörder könnten auch Yoga machen“, witzelte Joanna.

Paulo lachte leicht. „Ich nehme an, du hast Recht. Aber nein, ich bin kein Mörder.“

„Würde ein Mörder nicht genau das sagen?“, sagte Joanna mit einem Lächeln. Sie war immer noch nervös aufzusteigen und entschied sich dafür, sich noch einen weiteren Moment zu geben. „Also, was machst du nun?“

„Wirst du entspannter sein mir zu erlauben, dich auf der Insel herumzuführen, wenn ich es sage?“, fragte er.

„Ich denke schon.“

„Gut. Aber ich kann mehr als das. Ich werde dir zeigen, was ich mache. Wir müssen nicht einmal dahin fahren. Wir können laufen.“

Joanna stimmte zu. Sie ließen den Roller zurück und Joanna folgte Paulo vom Parkplatz in Richtung von etwas, das wie ein Kanal aussah. Sie stiegen auf den Fußweg und Paulo überraschte Joanna, als er ihre Hand nahm. Zusammen liefen sie eine Promenade voller teurer Geschäfte entlang.

Keines der Geschäfte war groß, aber alle trugen Namen, die sie kannte. Neben Cartier war Gucci. Danach folgte Louis Vuitton und ein sehr kostspieliges Restaurant namens Nobu. Es erinnerte Joanna an die Zeit, als sie Rodeo Dr. in Beverly Hills besucht hatte. Und gegenüber der Promenade mit den Geschäften waren die größten Yachten, die Joanna jemals gesehen hatte.

Sich fragend, zu welchem der extravaganten Läden Paulo sie bringen würde, war sie ziemlich überrascht, als er seine Hand auf die Tür einer Kunstgallerie legte. Als Joanna hineinging, sah sie sich um. Die Kunstwerke waren unglaublich. Da sie alle anders waren, wusste Joanna, dass sie nicht alle von ihm sein können. Aber zu erwägen, dass irgendeines davon es war, beeindruckte Joanna.

„Du bist ein Künstler?“, fragte Joanna überrascht.

„Ja.“

„Oh mein Gott. Das ist fantastisch. Welche sind von dir?“

„Rate“, sagte Paulo mit einem Lächeln.

Raten? Joanna fragte sich, ob das das Künstleräquivalent von einer Frau war, die einen Typen fragte, wie viel er denkt, dass sie wiegt. „Nein, sag es mir einfach.“

„Nein, nein. Ich will, dass du rätst.“

Joanna sah Paulo bedenklich an. Sie erkannte, dass er seine Bitte nicht zurücknehmen würde, also ergab sie sich in ihr Schicksal.

Sie ließ seine Hand los, als sie anfing die Kunstwerke näher zu betrachten. Sie dachte, dass sie vielleicht in der Lage wäre, die Unterschrift zu erkennen, aber sie alle kamen nur als abstrakte Pinselstriche  rüber.

Eine andere Vorgehensweise erprobend versuchte Joanna den Kunststil mit dem zu abzustimmen, was sie über Paulo wusste. Drei der Gemälde waren Gestaltenzeichnungen von dunkelhäutigen Männern, die farbenfrohe Kostüme trugen. Sie schienen auf einer Art Parade zu sein. Die Portraits waren alle überaus schön, aber Joanna fragte sich, ob Paulo ein so realistischer Typ war.

Das nächste Set an Bildern wurde von dem Schild an der Wand als Medienmix ausgezeichnet. Die Leinwand war in Abschnitte unterteilt und in jedem Abschnitt war ein anderes Muster. Streifen in einem, Karos in einem anderen, während wieder andere strukturiert und glatt waren.

Diese sahen kaum nach der Arbeit eines Mannes aus, der Yoga praktizierte. Dieser Künstler war eindeutig derjenige, der der Mörder war. In der Tat, wenn man von dem Chaos ausgehen konnte, hatte er  wahrscheinlich bereits seinen vierten Kopf gesammelt.

Das letzte Bilderset, das Joanna anschaute, war weitaus unglaublicher als das erste. Auf der Leinwand waren Schichten von Farbe. Einige waren gedämpft, andere schreiend. Sie waren gleichzeitig sinnlich und beruhigend. Allein sie anzusehen ließ Joannas Herz klopfen. Sie verschafften ihr einen unerklärlichen Sturm, der in ihrem Geschlecht begann und hinunter in ihre Zehen reiste und dann wieder mit einer Ungestümheit zurück in ihren Schoß schoss, dass ihr der Atem wegblieb.

Joanna drehte sich mit einem fragenden Ausdruck in den Augen zu Paulo. „Ist das deine?“

Paulo kam herüber und zeigte auf die Unterschrift am Boden des Rahmens. „P. Lunn“, sagte er. „Paulo Lunn. Das ist mein Name.“

„Sie sind unglaublich“, sagte sie, während sie sich durch ihre rasenden Herzschläge kämpfte.

„Danke. Wenn du eines willst, sie kosten jeweils nur 5000 $. Es ist ein Schnäppchen“, sagte Paulo mit einem Lächeln.

„Sie sind ein Schnäppchen“, gab Joanna zu, obgleich sie nichts von Kunst verstand.

Paulo errötete. „Ich wünschte, mehr Leute würden das so sehen.“

„Leute kaufen Kunst, wenn sie hierher in den Urlaub fahren?“

„Nicht genug“, sagte Paulo und nahm wieder Joannas Hand. „Also, was denkst du? Kannst du mir vertrauen?“

„Ich denke, ich könnte durchaus in der Lage sein, dir für einen Tag zu vertrauen“, erzählte Joanna ihm kokett.

„Dann denke ich mal, dass wir diesen Tag nutzen sollten“, sagte Paulo mit einem Lächeln.

Die zwei liefen zurück zu den Rollern und Paulo startete einen und setzte sich darauf.

„Wenn du dich aufsetzt, will ich, dass du dich gut festhältst.“

„Oh, darüber brauchst du dir keine Gedanken machen“, sagte Joanna. „Du solltest dir eher Sorgen machen, dass ich mich zu sehr festkralle.“

So wie Joanna ihr Bein über den Sitz schwang und ihre Arme um Paulos starken Körper schlang, erhielt sie die erste von vielen Überraschungen. Mit gestartetem Roller fühlte sie sich, als lägen ihre Beine um einen extragroßen Vibrator. Das Gefühl elektrisierte ihr Geschlecht und schickte eine Welle der Ekstase durch ihren Körper. Das hätte sie niemals erwartet. Zum ersten Mal überhaupt erkannte sie, warum Frauen so entzückt darüber waren, hinten auf einem Motorrad mitzufahren.

„Hältst du dich gut fest?“, fragte Paulo ein letztes Mal.

„Ich laufe nicht weg“, erwiderte Joanna.

„Dann lass uns das tun“, sagte er und machte sich auf den Weg.

Langsam fuhr er auf die Straße und Joanna fühlte die warme Brise auf ihrem Gesicht und unter dem kleinen Helm, den Paulo ihr gegeben hatte. Es war ein unglaubliches Gefühl. Sie wanden sich durch die Straßen und dann hoch über eine fünfzig Fuß hohe Brücke. Sie fuhren den Urlaubsort hinter sich lassend auf die Hauptinsel.

Alles war hier anders. Dieser Ort war lebendig und aufregend. Überall gab es Menschen und jeder schien wie ein andere Farbe. Sich durch den regen Verkehr schlängelnd bog Paulo links ab und fuhr sie das Meer entlang. Sie durchquerten etwas, das Paulo als Innenstadt beschrieb, und Joanna konnte nicht aufhören, die unzähligen bunten Gebäude anzusehen. Jedes von ihnen hätte hunderte von Jahren alt sein können und sie unterschieden sich alle voneinander, als hätte ein Landschaftsmaler sie angeordnet. Das Bild war wie aus einem Traum.

Sie kamen auf eine lange Strecke entlang der Küste und Joanna begann die gesammelte Auswirkung all dieser Vibrationen zu spüren. Sie war sich sicher, dass sie ganz und gar erregt war. Sie zog Paulo näher an sich.

„Bist du immer noch in Ordnung da hinten?“, fragte Paulo über ihre Sicherheit besorgt.

„Mir geht’s gut.“ Sie gestand sich ein, dass sie ihm zu gern erzählen würde, wie gut sie sich fühlte.

Als die beiden den Ort erreichten, den Paulo „Die Höhlen“ nannte, stand Joanna neben sich. Ihre Hände waren langsam an seinem Körper heruntergerutscht und beinahe dabei, seinen Hosenbund zu überschreiten. Sie konnte nichts dagegen tun. Die berauschende Wirkung von allem, dem hinreißenden Kerl, der unglaublichen Landschaft und dem gigantischen Vibrator zwischen ihren Beinen, ließ sie sich beinahe selbst vergessen.

„Wolltest du anhalten und dich umschauen?“, fragte er.

Obwohl ihre Gedanken tatsächlich darauf gerichtet waren, was auch immer zwischen seinen Beinen war in ihre Hände zu bekommen, gab sie nach. „Sicher. Lass es uns ansehen.“

Joanna stieg vom Roller ab und ihre Beine bebten. Sie wollte so verzweifelt, dass er zwischen ihre Beine griff und dem Rumoren ein Ende setzte. Sie hatte sich noch nie mehr als Frau gefühlt wie in diesem Moment. Sie war frei und willig, aber noch mehr als alles andere war sie geil wie verrückt.

Nachdem Paulo das Motorrad geparkt hatte, nahm sie seine Hand und die beiden liefen zu dem großen Höhleneingang.

„Offenbar gehen diese Höhlen tausende von Fuß weiter. Damals zu Zeiten der Piraten versteckten viele hier ihre gestohlenen Schätze.“

„Können wir reingehen?“, fragte Joanna und suchte nach jeder Gelegenheit, mit ihm allein zu sein.

„Können wir, abhängig davon, was du über Fledermäuse denkst.“

„Fledermäuse? Gibt es da drin Fledermäuse?“

„Ein paar. Hast du Angst vor Fledermäusen?“

Joanna hatte vor vielen Dingen keine Angst. Tatsächlich konnte man alles, vor dem sie sich fürchtete, an einer Hand abzählen. Die erste Sache waren Motorräder, das zweite auf der Liste waren Fledermäuse. Zu jeder anderen Zeit wäre sie vor Schrecken davongelaufen. Aber mit Paulos Hand in ihrer und dem Fleisch zwischen ihren Beinen, das wie Feuer brannte, schickte der Gedanke an Fledermäuse einen Schauer entlang ihrer Wirbelsäule und gab ihr das Gefühl, dass sie kurz vom Explodieren stand.

„Ich werde keine Angst haben, wenn du mir eine Sache versprichst“, gab Joanna zu.

„Und das wäre?“

„Dass du mich küsst.“

Paulo sagte keine Wort. Stattdessen fasste er Joannas Hand fester und führte sie in die Dunkelheit. Sobald sie in eine Ecke bogen, in der sie kein Vorbeifahrender sehen konnte, drückte er sie gegen die Wand, fasste in ihren Nacken und drückte seine Lippen auf ihre. 

Joanna spürte, wie ihr Rücken gegen die kalte Steinwand gedrückt wurde. Ihre Lippen öffneten sich. Paulos kräftige Zunge drang auf der Suche nach ihrer in ihren Mund ein. Sie bot sie ihm dar und die beiden berührten sich. Wirbelnd und umeinander herumtanzend tauchte Joannas Verstand im Vergnügen unter.

Paulo verlor keine Zeit, seine Absichten zu verdeutlichen. Er presste seinen Schritt gegen Joannas Bauch. Er war hart. Seine Größe ließ Joanna aufkeuchen. Sie wollte alles von ihm und sie wollte ihn jetzt. 

Als er ihre Brüste ergriff, erkannte Joanna wie groß Paulos Hände waren. Er verzehrte praktisch ihre überquellenden Brust. Sie wollte aber seine Haut auf ihrer spüren. Also griff sie nach unten und schlüpfte mit ihrer Hand in seine lose sitzenden Hosen. Sie ergriff seinen Schwanz und drückte ihn mit ihrer Handfläche.

Das war alles, was es brauchte, um Paulo wild zu machen. Mit seinen heißen Atemzügen an ihrem Gesicht, griff er nach unten und zog ihr Oberteil über ihre Brüste. Sie bekam kaum mit, wie ihr BH aufgemacht wurde. Und ehe sie ihn aufhalten konnte, waren ihre Brustwarzen freigelegt und seine Lippen befanden sich auf dem Weg zu ihnen.

Das Gefühl des leichten Ziehens seiner Zähne an ihrem aufgerichteten Fleisch ließ sie wimmern. Ihre Brust wogte. Ihr Körper fühlte sich lebendig vor Lust an und als er sich herunterbeugte und an ihrer Brustwarze saugte, betete sie, dass sein Schwanz seinen Preis einfordern möge. Sie musste nicht lange warten. 

Sie stöhnte vor steigendem Vergnügen und war außer Atem, als sie fühlte, wie Paulos Hand langsam ihren Körper hinabglitt und nach dem Knopf ihrer Jeans griff. Einen Augenblick später war ihr Körper befreit. Paulo zog den Jeansstoff über ihre Knie herunter und verließ dabei ihre Brüste lange genug, um sie von der Taille ab nackt auszuziehen. Sie hatte das Gefühl, dass alles, was sie taten, falsch war, und sie liebte es. Noch nie in ihrem Leben hatte sie eine solche Ekstase erlebt und sie hätte niemals aufhören können, selbst wenn sie es versucht hätte.

Ein Vorspiel war überflüssig und so glitten Paulos Hände hinter Joanna und griffen sie beim Hintern. Er zog sie in seine starken Arme, presste ihre Haut wieder zusammen und küsste sie auf die Lippen. Er zeigte die Stärke, von der sie die ganze Zeit annahm, dass er sie besaß, und ließ sie auf sich herab, was ihre Beine dazu veranlasste, sich um seine Hüfte zu schlingen. Beide wussten, was der andere wollte und so drängte sich Paulos Schwanz gegen ihre geschwollenen Lippen. Er glitt hinein und badete in den Säften, die aus ihnen beiden heraustrieften.

„Aww!“, stöhnte Joanna, als Paulos großer Schaft sie ausfüllte.

Er war so groß, wie sie es angenommen hatte. Er dehnte sie auseinander und füllte sie gänzlich aus. Und als Paulo ihn nicht weiter hineinschieben konnte, warf Joanna ihren Kopf in den Nacken, noch nie zuvor war sie so tief penetriert worden.

Paulo presste Joannas Rücken gegen die Wand und zog seinen Schwand zurück, dazu bereit, ihn wieder hineinzustoßen. Sie verlor sich in Erstaunen, während er in sie eindrang. Paulo verschlang sie zuerst langsam und später mit der Raserei eines Löwen. Joanna stöhnte, von der ansteigenden Ekstase überwältigt.

Joanna verlor sich immer mehr, umklammerte mit ihren Händen seinen Hals und bohrte ihre Fingernägel tief in sein Fleisch. Viel länger konnte sie es nicht mehr aushalten. Ihre Beine zitterten, als sie ihre Kraft verlor. Sie wurde in seinen Händen langsam butterweich.

Ein kraftvoller Orgasmus rauschte durch sie und beraubte sie ihres Willens.

„Ohhh!“, schrie Joanna heraus. Es war ihr egal, ob es jemand hören konnte.

Als sie ihn umschloss, verlor auch Paulo seine Kontrolle. Das Beben der Lust durchlebend griff er mit einer Hand absichern unter ihren Hintern und presste die andere gegen die Steinwand. Er fickte sie härter und härter und badete in ihrem triebhaften Stöhnen. Er schnellte auf den Abgrund zu, vergrub sein Gesicht an ihrem Hals und stieß ein letztes Mal zu, den Orgasmus hinausziehend, der in der Wärme seiner Eier lag.

„Ja!“, rief er aus, als sein Verstand vor elektrisierendem Verlangen schwirrte.

Die beiden hielten ihre erschöpften Stellungen so lange sie konnten. Joanna wünschte, dass sie ein Bett hätten, in das sie fallen konnten, doch sie hatten keines. Sie waren in einer Höhle auf einer Insel, meilenweit entfernt von allem, was sie kannte. Was zur Hölle machte sie hier? Sie wusste nicht einmal, wer der Mann war, der sie hielt.

Während all ihre Sinne langsam wieder zurückkehrten, hatte sie nur einen Gedanken: ‚Was zur Hölle machte sie da?‘ War das etwa, wie sie sich ihr neues Leben vorgestellt hatte? Wie hatte sie es sich gestatten können, so schnell mitgerissen zu werden?

 

 

Kapitel 2

 (Paulo)

 

Paulo fiel nach vorn, sein Körper an die weiche, kurvige Form unter ihn gepresst. Er wusste nicht genau, was gerade passiert war, aber er mochte es. In dem einen Moment macht er mit ihr eine nette Tour über die Insel, im nächsten gibt sie ihm jedes Zeichen, dass sie ihn will. Das war ihm bisher noch nie passiert.

Wohl wissend wie häufig die Höhlen von Leuten besucht wurden, ließ Paulo Joanna herunter und nahm sich zusammen.

„Wir sollten gehen“, sagte er, während er langsam seine Hosen hochzog.

„Ja“, antwortete Joanna mit einem Ausdruck des Bedauerns in ihren Augen.

Paulo wusste, dass er es nicht zulassen konnte, dass die Stimmung so schnell wechselte, und halft Joanna dabei, ihre Sachen zusammenzusuchen. Als sie ihre Unterhosen an- und ihre Hosen hochgezogen hatte, gab er ihr einen Kuss auf die Wange.

„Du bist unglaublich“, sagte er ihr und brachte damit ein Lächeln auf ihr Gesicht.

Es schien, dass die Dinge kurz darauf wieder zu dem zurückkehrten, wie sie waren. Er wollte nicht, dass das peinlich war. Er konnte sich ein Leben mit ihr vorstellen. Sie war sexy und mochte genau wie er Yoga. Das war nicht viel, aber es hatte etwas vom Anfang eines gemeinsamen Lebens.

 Er konnte sich vorstellen in North Carolina zu leben. In Wahrheit dachte er, dass es überall besser war als hier. Natürlich war die Insel wunderschön. Doch sobald man an der Oberfläche kratzte, befanden sich eine ganze Menge Dinge darunter, die nicht ganz so toll waren.

 

Sie setzten ihre Tour um das westliche Ende der Insel fort, Paulo stellte sicher, ihr die ganzen teuren Häuser zu zeigen. Er wusste, dass sie das beeindrucken würde. Es beeindruckte jeden. Paulo zog einen Kreis zurück in die Innenstadt, über die Brücke, nach Paradise Island und parkte ihren Roller bei einem Restaurant vor einem anderen Hafen.

Als Paulo abstieg, hatte er Zweifel darüber, sie hierherzubringen. Das war eines seiner üblichen Stammlokale und er war sicher, dass sie es lieben würde, aber er war nicht sicher, ob alles genau so wie geplant laufen würden, wenn sie hier aßen.

Paulos innere Debatte dauerte nicht lange. Es gab bestimmte finanzielle Vorteile, wenn sie hier aßen, die die Entscheidung im Ende festlegten. Man kannte ihn hier. Wenn er die Rechnung zahlen würde, müsste er nicht sofort bezahlen. Paulo verkaufte nicht häufig Gemälde, aber er bekam bald eine Anzahlung. Die Leute hinter dem Tresen kamen ihm da entgegen. Hurricane Hole war einer der wenigen Orte, die er kannte, zu denen er Joanna mitnehmen konnte, ohne genau wissen zu müssen, wie viel Bargeld er in seinem Portemonnaie hat.

„Es ist echt nett hier“, sagte Joanna und verschränkte ihre Finger mit Paulos.

„Ja. Es ist ein gutes Lokal. Ich dachte mir, dass wir uns etwas zu essen und zu trinken schnappen könnten, während wir den Sonnenuntergang beobachten.“

„Das hört sich schön an“, stimmte Joanna zu.

Die zwei überquerten den steinernen Pfad zu der im Freien befindlichen Restaurantbar und stiegen unter die überdachte Hütte in Restaurantgröße und schlängelten sich zwischen den Tischen durch.

„Was geht, Mann?“, fragte Paulo Jimmy, den Barkeeper, und gestattet seinem Inselakzent durchzuscheinen.

„Nicht viel, Mann. Wie läuft’s?“, erwiderte Jimmy.

 „Du weißt, wie’s ist. Das ist meine Freundin Joanna“, stellte Paulo die beiden vor.

„Freut mich. Was kann ich euch beiden bringen?“

Die beiden bestellten Getränke, während Paulo eine Speisekarte von dem Tresen fischte. Er sah auf den Steg voller Yachten, schaute zurück zu den Tischen und wählte sorgfältig aus, wo sie sich  hinsetzten.

„Wie ist es hier? Das sollte uns eine schöne Aussicht auf den Sonnenuntergang erlauben“, erzählte er ihr und verschwieg den wahren Grund, aus dem er den Tisch gewählt hatte.

„Nein, das wäre fantastisch“, sagte sie, schaute sich um ließ sie herrliche Aussicht auf sich wirken. „Das ist also, wo du jeden Tag hingehst?“, fragte Joanna mit einem Augenzwinkern.

„Nein, nein. Das ginge nicht. Ich mag es aber, Freitag- oder Samstagnacht hier abzuhängen. Das kommt einfach darauf an.“

„Es muss fantastisch sein, hier zu leben. Wenn ich könnte, würde ich sofort hier leben.“

Paulo spannte seine Lippen an und schenkte ihr ein obligatorisches Lachen.

„Im Ernst, weißt du von irgendwelchen freien Stellen?“, fragte sie in einer Stimmlage, die sie so klingen ließ, als sei es ihr ernst.

„Die gibt es überall“, sagte er und wollte Joanna einen guten Eindruck von seiner Heimat geben.

„Ich meine es wirklich ernst. Kennst du irgendjemanden, der vielleicht einstellt? Ich habe meinen Job gekündigt, bevor ich hergekommen bin. Und wenn es einen Grund gibt zu bleiben, warum solle ich gehen, nicht wahr?“, fragte sie mit einem Lächeln.

Paulo mochte, wie sich das entwickelte. Er mochte sie. Sie hatte eine Art an sich, die ihn faszinierte. Paulo glaubte, dass sie tatsächlich hierherziehen würde, wenn sie könnte. Sie erschien wie ein solcher Freigeist. Er konnte sich sie beide wirklich auf lange Sicht hin vorstellen.

„Was empfiehlst du?“, fragte Joanna, während sie die Speisekarte anstarrte.

Paulo musste nicht nachschauen, um seine Empfehlung abzugeben. „Magst du Tintenfisch?“

„Tintenfisch?“

„Ja. Jemals probiert?”, fragte Paulo.

„Ich weiß nicht.“

„Egal. Ich würde sagen, hol dir geknackte Muschel mit Pommes. Das ist so bahamaisch, wie es geht. Und wenn du hierbleiben willst, dann solltest du anfangen, dich wie ein Bahamaer zu verhalten“, sagte Paulo mit einem Lächeln.

Joanna sah ihm voller Entzücken an. „Gut. Das nehme ich. Warum hast du nach dem Tintenfisch gefragt?“

„So schmeckt es. Aber wenn du ihn nie gegessen hast, ist es nicht von Bedeutung“, lachte Paulo leise.

Die zwei bestellten das Gleiche, als Jimmy ihre Getränke herüberbrachte. Sie nippten an ihrem Rumpunsch und Paulo sah ihr in die Augen.

„Also, was ist deine Leidenschaft?“

Joanna schaute ihn an, als habe er sie überrascht. „Welche Leidenschaft ich habe?“

„Ja. Du weißt schon, von was träumst du so viel, dass es dich nachts wachhält?“

Joanna schaute weg nach unten, während sie nachdachte. Es war, als hätte sie diese Frage noch nie zuvor überdacht. Paulo konnte das allerdings nicht glauben. Für ihn war das Leben ein nicht enden wollender Ausdruck der Leidenschaft. Der Gedanke, dass jemand anderes überhaupt keine Leidenschaft besaß, war für ihn unvorstellbar.

„Ich weiß nicht“, gab Joanna zu Paulos Überraschung zu. „Du denkst sicherlich, dass ich langweilig bin, nicht wahr?“

 Paulo sah die wunderschöne Frau an und fragte sich, ob es einen Grund gab, aus dem sie ihre Leidenschaft nicht mit ihm teilen wollte. Vielleicht war es zu persönlich. Allerdings hatten sie gerade Sex gehabt. Paulo dachte, dass dies ihm die Erlaubnis gegeben haben sollte, eine persönliche Frage zu stellen.

„Nein, ist schon okay.“

„Nein. Ich denke, dass ein Mann wie du sich niemanden vorstellen kann, der keine Leidenschaft hat.“

Paulo begann zu verstehen. Sie war eine von den Typen, denen nicht bewusst war, welche Leidenschaft sie hatten. „Du hast eine Leidenschaft. Das kann ich dir ansehen. Aber manchmal ist es schwer, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen, wenn sie dir die Sicht nehmen“, sagte er mit einem Lächeln.

Joanna, die für einen Augenblick bekümmert ausgesehen hatte, entspannte sich mit einem warmen Lächeln. „Vielleicht hast du Recht. Ich nehme an, dass deine Leidenschaft Kunst ist?“

„Meine Kunst ist mein Leben. Malen ist die einzige Möglichkeit, manchmal durchatmen zu können. Meine Leidenschaft ist es, neue Orte zu besuchen. Ich mag es zu reisen.“

„Oh, bist du viel gereist?“, fragte sie.

„Ich war in Japan. Und ich bin durch Amerika gereist. Ich komme allerdings nicht dazu, viel zu reisen. Ich verstehe mich nicht so gut mit Flugzeugen.“

Joanna lächelte. „Deine Leidenschaft ist das Reisen, aber du kannst nicht Fliegen?“

Paulo lächelte wegen der Lächerlichkeit dessen. „Ja. Das ist merkwürdig, nicht wahr?“

„Ich würde nicht sagen, dass es merkwürdig ist. Ich würde es schrullig nennen.“

„Schrullig, was?“ Paulo drehte sich zu Jimmy, der sich hinter der Bar verdingte. „Hey, Jimmy? Hast du das gehört? Ich bin schrullig.“

„Eher merkwürdig“, erwiderte Jimmy, ohne von der Bar aufzublicken.

„Nein, schrullig. Frag einfach Joanna.“

„Es ist wahr“, schaltete sich Joanna ein. „Er ist nicht merkwürdig, er ist schrullig.“

„Was hab ich dir gesagt“, meinte Paulo spielerisch.

„Ich nehme alles zurück“, spielte der Barkeeper mit.

Paulo und Joanna kicherten. Dann streckte Paulo seine Hand aus und legte sie auf ihre. Sie schien es zu mögen. Paulo mochte, wie sich die Dinge entwickelten. Er konnte fühlen, wie er sich in dieses Mädchen verliebte. Er wollte nicht, dass seine Zeit mit ihr aufhörte.

„Wie lange bleibst du hier?“

Joanna schluckte. „Ich weiß nicht. Ich mag es hier. Ich wünschte, ich könnte für immer hier bleiben.“

Paulo dachte darüber nach. Könnten sie ein gemeinsames Leben haben, wenn sie hierherziehen würde? Und wenn sie zusammenbleiben sollten, könnte sie schlussendlich ihre Meinung darüber ändern, hier leben zu wollen und ihn mit sich zurück nehmen?

„Du hast also kein Rückflugticket?“

„Doch, habe ich. Ich will aber nicht zurückgehen. Wie ich sagte, ich habe meinen Job gekündigt, bevor ich hergekommen bin.“

„Warum hast du deinen Job gekündigt?“

„Weil …“ Joanna dachte einen Moment nach, bevor sie antwortete. „Ich musste einfach weg.“

Paulo lächelte. „Bist du ein Bankräuber? Musstest du deshalb weg?“

„Wenn’s nur so wäre. Das wäre tausendmal interessanter gewesen. Nein, ich habe als Verkaufshelferin in einem Baumarkt gearbeitet.“

Paulo versuchte, sich das vorzustellen.

„Aufregend, ich weiß, nicht wahr?“

„Nun, was auch immer du gern magst …“

„Ich mochte den Job nicht“, sagte Joanna beharrlich.

„Aber ich wette, das Gehalt war gut“, deutete Paulo an.

„Bei diesem Job? Nicht mal ansatzweise“, erklärte sie.

Paulo sah Joanna verwirrt an. Ihm war klar, dass man manchmal Jobs annehmen musste, die man nicht wollte. Aber man würde sie sicherlich nicht lange ausüben. Und wenn man wie annahm, dann nur, damit man der Leidenschaft, die hat, nachgehen kann. Paulo verstand Joanna nicht ganz und das machte sie umso anziehender für ihn. Er liebte das Rätsel, das sie darstellte. Er drückte ihre Hand und fragte sich, ob er sie noch einmal nackt bekommen konnte.

Die beiden wurden unterbrochen, als das Essen kam. Paulo beobachtete, wie Joanna auf ihr Essen reagierte. Sie betrachtete es mit der Unschuld eines Kindes. Sie sah für eine Bestätigung zu ihm auf und er gestikulierte ihr, dass sie es probieren sollte.

Sie schnitt eine Scheibe des zähen Fleisches ab und steckte das Stück in ihren Mund. Ihre Augen weiteten sich, als das Gemisch der Aromen über ihre Zunge tanzte.

„Das ist unglaublich“, sagte Joanna verblüfft.

„Ja, sie bereiten es hier gut zu“, sagte er mit einem Lächeln.

Danach folgte kaum noch ein Gespräch. Die beiden aßen ihr Essen und sahen zu, wie die Sonne langsam hinter dem Horizont unterging. Der Himmel färbte sich in eine Vielzahl von Gelb-, Orange- und Pinktönen. Währenddessen kitzelte die Seeluft, die gelegentlich von dem wenige Fuß weit entfernten Dock aufspritze, ihre Nasen. Es war der perfekte Inselabend. Paulo entschied sich, Joanna zurück zu ihrem Zimmer zu bringen, und hoffte, dass sie ihn einladen würde, die Nacht über zu bleiben.

Paulo sah auf, um ihre Rechnung zu bekommen. Während er sich nach Jimmy umschaute, erblickte er genau die eine Sache, von der er gehofft hatte, dass er sie nicht sehen würde. Devlin kam das Dock in Richtung des Restaurants hinuntergelaufen.

Paulo war nicht in der Stimmung, sich heute Abend mit Devlin herumzuschlagen. Als er also Jimmys Aufmerksamkeit hatte, machte er eine Geste, um die Rechnung zu bekommen. Nachdem er seine Zahlungsfähigkeit hinterfragt hatte, entschied er sich zur Bar zu gehen.

„Ich bin sofort wieder da“, sagte Paulo, bevor er zur Bar ging.

Während Paulo zur Bar eilte, behielt er ein Auge auf Devlin, der sich näherte. Er wollte, dass Jimmy sich beeilte, doch sein Freund hatte ihm den Rücken zugedreht, während er die Kasse bediente. Als ihm bewusst wurde, dass ihr Aufeinandertreffen unausweichlich war, entschied sich Paulo, seinen Kopf gesenkt zu halten und es so lange er konnte hinauszuzögern.

„Du bist zurück?“, sagte Devlin mit einem breiten Lächeln, als er Paulo sah.

Paulo weigerte sich, ihn anzusehen. „Hey, was geht, Mann?“

„Nicht viel. Was hast du so gemacht? Ich habe dich in letzter Zeit nicht oft hier gesehen.“

Nachdem er so lange weggesehen hatte, wie er konnte, gab Paulo nach und sah Devlin an. Es war nicht so, dass Devlin ein schlechter Kerl war, sinnierte Paulo. Es war nicht einmal so, dass Paulo es manchmal nicht sogar mochte, mit ihm abzuhängen. Es war lediglich das Timing.

Devlin hatte die Angewohnheit, sich alles zu nehmen, was er wollte, und oft waren das die Frauen, die Paulo mit in die Bar brachte. Es waren niemals feste Freundinnen gewesen oder Frauen, die ihn ernsthaft interessiert hatten, aber die Beständigkeit dessen ging Paulo gegen den Strich.

Was Paulo noch mehr störte, war, dass er wusste, dass er in keinster Weise mit Devlin mithalten konnte. Neben dem Fakt, dass er der wohlhabendste Mann war, den Paulo jemals getroffen hatte, war er auch gut aussehend und lebte auf einer Yacht. Wie konnte ein normaler Typ mit jemandem konkurrieren, dessen Schlusszeile war: „Wie würde es dir gefallen, mitzukommen und meine Yacht anzusehen?“

Die meiste Zeit kam Paulo damit klar. Aber er hatte ernsthaft gedacht, dass er mit Joanna eine Zukunft haben könnte. Joanna seinem gut aussehenden Milliardärsfreund mit Yacht vorzustellen, war also das Letzte, was er wollte.

„Ist das deine Rechnung?“, fragte Devlin, als Jimmy sie vor die beiden hinlegte.

Paulo sah auf das Papierstück herunter. Die Zahl darauf war etwas größer, als er gedacht hatte. Er würde das nicht mit dem Geld in seinem Portemonnaie bezahlen können. Er würde entweder Joanna fragen müssen, ob sie etwas beisteuert, oder er müsste mit Jimmy verhandeln müssen, um es anschreiben zu lassen. Es gab noch eine andere Möglichkeit. Paulo dachte darüber nach, als er weiterhin auf seine Rechnung starrte.

„Ja, eine Freundin und ich haben gerade etwas gegessen“, gab Paulo zu und hatte sofort das Gefühl, seine Seele verkauft zu haben.

„Hey Jimmy“, sagte Devlin, um die Aufmerksamkeit des Barkeepers zu bekommen. „Schreib es bei mir an.“

Als Devlin das sagte, wusste Paulo, dass er das nicht zulassen durfte. „Nein, Devlin. Ich übernehme das.“

„Nein, Paulo. Ernsthaft, das geht auf mich“, sagte Devlin mit einem Zahnpastawerbungslächeln.

Paulos Magen rumorte bei Devlins Worten. Er verabscheute alles, was gerade vor sich ging, einschließlich wie erleichtert er sich fühlte, als er Devlins Angebot zu zahlen hörte. Er wusste, dass er dafür einen Preis zahlen musste und es war nur eine Frage der Zeit, bevor die echte Rechnung fällig war.

„Ist das deine Freundin?“, fragte Devlin und drehte sich zu Joanna um.

„Ja. Aber sie wird dich nicht interessieren“, verkündete Paulo.

„Red keinen Unsinn. Ich mag alle deine Freunde. Stellst du uns vor?“, sagte Devlin mit einem beunruhigenden Lächeln.

Da er Devin gestattet hatte, die Rechnung zu übernehmen, konnte Paulo sich nicht vorstellen, wie er ihm jetzt verwehren konnte, die beiden einander vorzustellen. Er würde dieses Mal aber nicht erlauben, was sonst geschah. Im Gegensatz zu den anderen mochte er Joanna. Er war bereit, für sie zu kämpfen, wenn er musste. Und ganz egal, was der gut aussehende Milliardär sagte, Paulo hatte die Absicht, jede Karte, die er besaß, auszuspielen, um diese Hand zu gewinnen.

„Ja, sicher“, sagte er ohne ein Lächeln.

Paulo schaute zu dem Tisch, als sie hinübergingen. Devlin hatte bereits Joannas Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie sah Devlin an, wie es alle Frauen taten. Auch wenn Paulo wünschte, dass das nicht passierte, verstand er, warum es so war.

Devlin war nach allen Maßstäben ein attraktiver Kerl. Sein welliges schwarzes Haar, seine gebräunte Haut, der Mann war viel zu jung, um so erfolgreich zu sein, wie er war. Und so sehr es Paulo auch schmerzte zuzugeben, konnte Devlin unglaublich cool sein.

„Joanna, das ist Devlin.“

„Hi, freut mich, dich kennenzulernen. Paulos Freunde sind auch meine Freunde“, sagte Devlin und setzte sich auf den Platz gegenüber von Joanna.

„Freut mich auch“, sagte Joanna beinahe errötend.

„Bist du hier auf Urlaub?“, fragte Devlin und begutachtete Joanna.

„Tatsächlich habe ich Paulo gerade erzählt, wie schön es hier ist und dass ich bleiben möchte.“

„Ich hatte das Gleiche Gefühl. Ich bin einmal für einen Urlaub hierhergekommen, kaufte dann eine Yacht und entschied mich zu bleiben“, erwiderte Devlin mit einem teuflischen Lächeln.

Paulos Magen drehte sich bei Devlins Worten um. Da war es. Es brauchte bei Devlin niemals mehr als ein paar Sätze, bevor seine Yacht zur Sprache kam. Paulo musste zugeben, dass er das Gleiche machen würde, wenn er könnte. Aber wo würde das Typen wie ihn lassen, die keine Yachten hatten, über die sie reden konnten? Als er die Art, wie Joanna auf Devlin reagierte, beobachtete, konnte Paulo fühlen, wie er sie verlor. Er musste schnell etwas unternehmen oder er würde Joanna niemals wiedersehen.

„Ja, ich hatte gehofft, dass Devlin vorbeikommen würde, weil ich dir wirklich sehr gern seine Yacht gezeigt hätte“, sagte Paulo, griff über den Tisch und legte seine Hand auf ihre. „Warst du schon einmal auf einer Yacht?“

„Nein, noch nie“, gab Joanna zu und schaute Paulo mit einem neuen Ausdruck des Respekts an.

„Dann musst du es dir ansehen. Das macht dir doch nichts aus, oder, Devlin?“

Devlin sah ihn verwirrt an, bis sich ein breites Lächeln auf sein Gesicht stahl. „Natürlich nicht. Es würde mich freuen, ihr alles zu zeigen.“

Paulo konnte sehen, dass Devlin das, was hier geschah, falsch verstand. Devlin dachte eindeutig, dass er Joanna für ihn klarmachte. Aber das war es nicht, was passieren würde. Da Paulo wusste, dass Devlin sie auf die eine oder andere Weise auf seine Yacht bekommen würde, hatte Paulo es so vorgeschlagen, dass Joanna die Geste mit ihm statt Devlin verknüpfte. Sie würde ihm für die Erfahrung danken müssen, nicht dem Besitzer der Yacht. Es war ein gefährliches Spiel, das Paulo spielte, doch es war die einzige Möglichkeit, die er hatte.

„Okay, lasst uns gehen“, sagte Paulo mit einem Lächeln und festigte seinen Griff um Joannas Hand.

„Wow, ich bin noch nie zuvor auf einer Yacht gewesen“, sagte Joanna zu dein beiden Männern, aber hauptsächlich an Paulo gerichtet.

„Ja, sie ist schön“, ergänzte Paulo.